Ein backlash ist es, der die aktuelle Migrations-
und Flüchtlingspolitik des Westens charakterisiert: Unter dem Druck ökonomischer Krisen, hybrider Kriege und populistischer
Ressentiments stehen vormalige Selbstverständlichkeiten (oder zumindest: verfassungsrechtliche Verbindlichkeiten) wie das
Asylrecht ebenso zur Disposition, wie ‚Einwanderung‘ missliebig, ‚Ausweisung‘ hingegen zum Gebot der Stunde geworden scheint.
‚Inklusion‘ und ‚Exklusion‘ verstehen sich nicht mehr als soziale Phänomene, denen es politisch und gesetzlich gegenzusteuern
gilt, sondern werden – als Parole, Programm oder Praxis – zur politischen Waffe. Nicht zuletzt auf dem Feld öffentlicher Rede
zeichnet sich diese neue Dynamik der Ein- und Ausgrenzung ab: Die ‚Grenzen des Sagbaren‘ werden neu gezogen, vormals unverfängliche
Begriffe (wie der der ‚Remigration‘) auf tendenziöse Weise umgewertet und Affekte wie Wut und Hass zum Treibmittel politischer
Rhetorik.
Dass für die jüngste Entwicklung neben juristischen und ökonomischen, polizeilichen
oder biopolitischen Aspekten auch sprachliche und narrative, (massen)mediale und ikonographische Faktoren ganz entscheidend
sind, ruft das Institut für Germanistik auf den Plan. In einer interdisziplinären Ringvorlesung will es zu einer aktuellen
Lagebestimmung und zur Sortierung der zusehends verwirrten Begriffe beitragen, zugleich aber zur historischen Abschattung
dessen, was man als ‚Diskurse der Ein- und Ausgrenzung‘ bezeichnen kann. Vorlesungen aus der Sprachwissenschaft stehen neben
solchen aus der Sprachdidaktik. Literaturhistorische Sondierungen des Themas nimmt neben der Neugermanistik auch die Mediävistik
vor. Und flankiert werden all diese Perspektiven durch eine kritische Rückschau auf uns selbst: auf jene nicht nur rühmliche
Rolle, die das Fach Germanistik allgemein und das Wiener Institut konkret in den nationalitäts- und migrationspolitischen
Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts gespielt hat.
Informationen zur Ringvorlesung:
ufind.univie.ac.at/de/course.html?lv=100018&semester=2025S