Karl
Marx beobachtete: Die Anatomie des Menschen ist der Schlüssel zur Anatomie des Affen. In ähnlicher Weise decken wir durch
die Untersuchung der materiellen Spuren zeitgenössischer Spieldesigns epistemische Verbindungen und kulturelle Muster auf,
die über die oberflächlichen familiären Ähnlichkeiten (Ludwig Wittgenstein) von Spielen hinausgehen - ob sie nun als Geschichten,
Produkte, Kunst oder einfach als kindliche Aktivitäten wahrgenommen werden. Wir wollen herausfinden, wie genau Kultur ursprünglich
gespielt wird (Johan Huizinga). Indem sie sowohl dem Frivolen als auch dem Ernsthaften Aufmerksamkeit schenken, öffnen Spiele
ein Fenster zu zeitgenössischen Formen der Wissensvermittlung. Aktuelle Trends in der Vorverpackung von spielerischen Erfahrungen
über Mediensysteme, Crowdfunding-Brettspiele oder die Gestaltung von Escape Rooms geben uns die materialistischen Hinweise,
um ihre Vorläufer in verschiedenen kulturellen Kontexten zu verstehen. Wir werden in die Mediengeschichte von Spielzeugen,
Brettspielen, Büchern, Karten und Interfaces eintauchen und nachverfolgen, wie diese Artefakte Wissen implizieren und Informationen
durch Simulation generieren. Dieser Ansatz bietet sowohl eine Kritik des zeitgenössischen Spieldesigns als auch eine spekulative
Grundlage für ein Überdenken der Ludologie als eigenständige Disziplin im aktuellen Kontext des populären Neuen Materialismus.
ProgrammDie Anatomie der Spiele ist ein öffentlicher Workshop - ein spielerisches Labor für
inter- und transdisziplinäre Forschungspraktiken. Wie verknöchert das Spiel? Wie wird es in Spiele und schließlich in Kultur
verwandelt? Gemeinsam mit internationalen Wissenschaftlern und Spieldesignern zeichnen wir die Umrisse einer möglichen Ludologie
nach: eine konsequente wissenschaftliche Praxis, die sich um Spiele und Spiel entwickelt - noch nicht als festes Feld, sondern
als sich verändernde, experimentelle Praxis.
Im Laufe eines Tages werden wir:
- einen interdisziplinären
Ansatz erproben, um herauszufinden, wie stillschweigendes Wissen durch den Akt des Spielens verarbeitet wird - in einem
vordiskursiven Raum
- gemeinsam ein Kartenspiel entwerfen, wobei wir das Spieldesign selbst als eine Form der Forschung
betrachten, die an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft angesiedelt ist - taktil, poetisch und mit offenem Ende
- Auseinandersetzung
mit dem männlichen und weiblichen Zyklus als rhythmische Grundlage für kollektive Kreativität und spielerischen Austausch
- jenseits von Flow als kognitiver Metapher
- Diskutieren Sie die Verheißungen und Herausforderungen der Ludologie in
der zeitgenössischen akademischen Landschaft - sowie ihr Potenzial für die bewusste Gestaltung städtischer Räume zur Stärkung
der öffentlichen Sphäre, des sozialen Gefüges des Ungewöhnlichen
Unter der Leitung der Escape-Game-Designerin Francine
Boon und umrahmt von einer abschließenden Podiumsdiskussion mit der Philosophin Gabriele Gramelsberger lädt diese Veranstaltung
all jene ein, die neugierig sind auf die verborgenen Architekturen des Wissens - ihre Spielsysteme, ihre spielerische Sinnlichkeit,
ihre unvorhergesehenen Zukünfte.
ludology.uni-ak.ac.at