Precisely because
space […] is a product of relations-between, relations which are necessarily embedded material practices which have to be
carried out, it is always in the process of being made. It is never finished; never closed. Perhaps we could imagine space
as a simultaneity of stories-so-far. (1)
(Doreen Massey)
A simultaneity of stories-so-far
ist das Ergebnis einer künstlerischen Auseinandersetzung mit einem konkreten Ort sowie den materiellen, sozialen und politischen
Dimensionen, in die er eingebettet ist: Die frühere Werkstatt, in der die Ausstellung stattfindet, ist Teil eines ehemaligen
Autohauses im dritten Wiener Gemeindebezirk und wird heute vom Neuen Kunstverein Wien (NKW) genutzt. Die Studierenden der
Klasse Skulptur und Raum reagierten auf diesen Kontext, in dem sie neue, ortsspezifische Arbeiten entwarfen oder existierende
Werke auswählten und adaptierten.
Leitgebend für die Ausstellung ist die Vorstellung von Raum, die die feministische
Geografin Doreen Massey als Wechselwirkung von Geschichten, Praktiken und Beziehungen beschrieb, die sich immer wieder neu
konstituieren. (2) An dieses relationale Verständnis von Raum knüpfen die ausgestellten Arbeiten an. Sie behandeln Formen
des Übergangs, der Übersetzung oder der Überformung. Sie beziehen sich konkret auf materielle Aspekte, wie die Rückstände,
die dem Raum durch seine vorige Nutzung eingeschrieben sind – Hebebühnen, Werkzeughalterungen, Versorgungsrohre oder Spuren
der dort verrichteten Arbeit – ebenso wie auf immaterielle Koordinaten wie die Geschichte und Sozialstruktur des umgebenden
Stadtteils St. Marx.
Die Vergangenheit und Gegenwart von St. Marx zeugt eindrücklich von der steten Transformation
der Stadt und ihrer Systeme: Noch weit vor den Stadttoren entstand im 13. Jh. ein „Siechenhaus“, das später zum Spital St.
Marx wurde und sich ab dem 18. Jh. zu einer Fürsorgeeinrichtung weiterentwickelte. (3) Als Teil des dritten Wiener Bezirks
1850 eingemeindet, prägten der Viehmarkt und das Schlachthaus fortan St. Marx und machten es zu einem Zentrum der Fleischindustrie.
In diese Zeit der Industrialisierung fällt auch die massenhafte Ausbreitung des Automobils, die sich auch auf räumliche Strukturen
wie das Straßennetz auswirkte. Hinzu kamen Markthallen, Handelsbetriebe, Lagerhäuser und Bürogebäude – Infrastrukturen der
städtischen Versorgung, die sich mit ihrer jeweiligen Gegenwart verändern. Heute bestimmen unter anderem Technologieforschung
und -produktion die Textur des Bezirks. (4) Das leerstehende Autohaus kann in diesem Kontext als ein Ausdruck strukturellen
Wandels gelesen werden.
A simultaneity of stories-so-far erkundet den relationalen Charakter eines Ortes
und nähert sich mit künstlerischen Mitteln seiner multidimensionalen Beschaffenheit an. Die Ausstellung wie auch die Werke
verstehen sich dabei nicht als abgeschlossene Produkte, sondern als ein Prozess korrelierender Beziehungen mit offenem Ende.
(Juliane Bischoff)
ÖffnungszeitenDienstag & Mittwoch: 11–14 Uhr
Donnerstag &
Freitag: 15–18 Uhr
(1) Doreen Massey (2005): For Space. London: SAGE, S.9.
(2) ebd.
(3) „Spital
zu St. Marx”, in: Wien Geschichte Wiki, via
www.geschichtewiki.wien.gv.at/Spital_zu_St._Marx
[23/2/2024]
(4) „St. Marx”, in: Wien Geschichte Wiki, via:
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/St._Marx
[23/2/2024]