Moränen neben den Gletscherzungen der Geschehnisse

Maria Lassnig und die Literatur

Empfehlung: Maria Lassnig im Literaturhaus Wien

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt der Maria Lassnig Stiftung mit dem Literaturhaus Wien

Maria Lassnig (1919 – 2014) hat ein umfassendes wie tiefgreifendes OEuvre auf den Gebieten der Malerei und Grafik geschaffen. Kennzeichnend für ihr Werk ist vor allem der Begriff »Körperbewusstsein« oder »Body Awareness«: Lassnig erspürte ihre körperlichen Empfindungen und brachte diese mit künstlerischen Medien zum Ausdruck.
Während das bildnerische Werk Maria Lassnigs internationale Bekanntheit erlangt hat, ist ihr umfangreicher schriftlicher Nachlass größtenteils unbekannt. Dieser umfasst zahlreiche Texte, die Lassnigs bildnerisches Schaffen von Anfang an begleiten und von eigenständiger literarischer Qualität sind. 1999 kommentiert Lassnig in einem ihrer unzähligen Notizbücher ihre Texte: »Erinnerungen aufzuschreiben wäre eine Aufgabe. Diese Aufzeichnungen hier werden existentiell geboren. […] Meine kleinen Weisheiten, die sich wie Moränen neben den Gletscherzungen der Geschehnisse ansammeln.«

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt der Maria Lassnig Stiftung mit dem Literaturhaus Wien und setzt sich inhaltlich das Archiv als Ausgangspunkt, um die mannigfaltigen ästhetischen und persönlichen Austauschprozesse zwischen Lassnig und der Literatur zu beleuchten. Die nachfolgenden biografischen Beispiele verdeutlichen, dass Lassnig mehr als andere bildende Künstler*innen an der Schnittstelle zur Literatur verortet ist.

Nach Abschluss ihres Studiums an der Akademie der bildenden Künste in Wien 1945 bezieht sie ein Atelier in Klagenfurt, das zum Treffpunkt von Kunstschaffenden, Literat*innen und Intellektuellen wird. Zu den Besucher:innen zählen u. a. der Schriftsteller Michael Guttenbrunner, der Herausgeber der Surrealistischen Publikationen Max Hölzer, der Kunsttheoretiker Heimo Kuchling, die Verlegerin und Galeristin Edith Kleinmayr sowie der Lyriker und Kulturreferent des Landes Kärnten Johannes Lindner. Mit Guttenbrunner führt Lassnig von 1946 bis 1948 eine intensive Liebesbeziehung, die in eine lebenslange Verbundenheit mündet.

Auf Vermittlung der Surrealisten Edgar Jené und Max Hölzer trifft Lassnig bei ihrer ersten Parisreise im Jahr 1951 André Breton und Benjamin Péret, von denen letzterer einen Text über sie schreibt.

In den 1950er-Jahren pflegt sie Kontakte zur Wiener Gruppe und ihrem Umkreis, u. a. H. C. Artmann, Friedrich Achleitner, Gerhard Rühm, Ernst Jandl, Elfriede Gerstl, Friederike Mayröcker und Oswald Wiener. Mit Mayröcker entsteht 1984 das Buch Rosengarten mit Prosastücken Mayröckers und einer Radierung Lassnigs.

Von 1960 bis 1968 verlegt Lassnig ihren Lebensmittelpunkt nach Paris, wo sie mit dem Autor Paul Celan und dessen Frau Gisèle freundschaftlich verbunden ist.

Ich glaube, ich habe es sehr genossen, richtige Dichter kennenzulernen, obwohl ich zu der Zeit und auch später kaum über Literatur mich mit ihnen unterhielt – es war mehr eine Lebenserfahrung und die hat sich niedergeschlagen. Die ersten Lieben, die ersten Kunsterfahrungen, vor allem die Zweifel.
Weil mir die Worte nicht so leicht zukamen und noch weniger aus dem Mund flossen, weil ich ursprünglich unter Literatur Reime machen verstand – traute ich mir als 20-Jährige sowas wie »Schreiben als Dichter« überhaupt nicht zu. Tu es auch heute nicht. Nur bei Lektüre von Tagebuchaufzeichnungen von den Größen oder von jungen Zeitgenossen dachte ich oft: »Das habe ich genauso auch gedacht, nur nicht aufgeschrieben.«


Maria Lassnig: Dezember 1999


Kurator*innen:
Marlene Himmer
(Maria Lassnig Stiftung)
Stefan Maurer
(Literaturhaus Wien)

Ausstellungsgestaltung:
Gerhard Himmer

Eröffnung // Do, 12.09.2024, 19 Uhr
Sonderführung // Sa, 14. 09.2024, 16.30 Uhr
Kurator*innenführungen // Fr, 22.11.2024, 14.30 Uhr; Fr, 13. 12.2024, 14.30 Uhr
Laufzeit // 14.09.2024 bis 30.01. 2025

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Termine

Ausstellungsdauer
14. September 2024 - 30. Januar 2025
Literaturhaus Wien, Seidengasse 13, 1070 Wien