6 Diplomkollektionen begeisterten Publikum im ausverkauften Atrium
– Grace Wales Bonner verabschiedet sich
Die
Show Modeklasse 23 im ausverkauften Atrium der Universität für angewandte Kunst Wien ging gestern Abend über die
Bühne. Die Studierenden und sechs Diplomand:innen begeisterten das anwesende Publikum mit ihren Entwürfen, die von der herausragenden
künstlerisch-kreativen Ausbildung der Modeklasse zeugten. Für die Art Direction der Show zeichneten zum zweiten Mal Imogen
Snell und Riccardo Castano von ISSTUDIO London verantwortlich. Auf einem großen Screen in der Mitte des Atriums wurden live
Close-ups der Looks übertragen sowie das bunte Wuseln im Backstagebereich und ermöglichten so den Zuschauer:innen multi-perspektivische
Blicke auf die Arbeit der Studierenden.
Sechs Studierende schließen heuer das Studium
an der Modeklasse ab und beweisen mit ihren hervorragenden Diplomkollektionen von der explosiven Kreativität, die an der Angewandten
gefördert wird. Das finale Defilé war ein eindrucksvolles Zeugnis der expressiven Vielfalt der Modeklasse: Die Entwürfe reichten
von experimentell bis tragbar, von skulpturalen Ensembles bis zu körpernahen Silhouetten, getragen von theatralischer Opulenz,
ironischer Distanz oder hoffnungsvoller Utopie. Präsentiert wurden die Outfits von einem diversen Cast, für den Casting Director
Kyra Sophie in Wien neue Models rekrutierte, die Diversity und Body Positivity zelebrieren.
Preise:
Über
den RONDO-Modepreis powered by Authentic Beauty Concept in der Höhe von Euro 3000,- freut sich Diplomand Johannes
Hartmann. Mit seiner Abschlusskollektion maybe there is an alternative untersucht der 25-jährige Wiener
die Privatisierung von Freude und Glück im Kapitalismus und setzt dieser Vereinnahmung die Möglichkeit einer kollektiven Erfahrung
entgegen. Die einzelnen Teile seiner Kollektion sind mit den Fragmenten eines gescannten Gemäldes bedruckt: erst zusammengefügt
ergibt das Kollektionsbild somit einen Sinn. Hartmann unterstreicht damit die Bedeutung von Gemeinschaft und Solidarität im
Neoliberalismus. Sowohl die Kleidungsstücke als auch die Textilskulpturen wurden mithilfe von 3-D-Programmen entworfen und
prototypisiert, bei der Herstellung der Kollektion kamen Digitaldrucke auf recycelten Stoffen zum Einsatz. Ergänzt wurden
diese Drucke durch Seiden-, Baumwoll- und Wollstoffe aus Altbeständen sowie durch Möbelstoffe und Strickwaren aus Merinowolle.
Shuzo
Matsuhashi konnte die Jury des Wien Mitte THE MALL-Awards in der Höhe von Euro 2500,- mit seiner Kollektion
The Future We Choose überzeugen. Matshuashi entwarf im Sinne des spekulativen Designs eine Art Survival-Kollektion
für das Jahr 2050, ausgehend von der Prognose einer globalen Erderwärmung von drei Grad Celsius. Unter extremen klimatischen
Bedingungen würden wir die meiste Zeit zu Hause und im Netz verbringen, dementsprechend besteht die Kollektion vorwiegend
aus puristischer und bequemer Bekleidung in gedeckten Tönen, besticht jedoch durch ausgeklügelte, neu gedachte Schnitte und
innovativen Strick.
Diplomkollektionen:
Mit The Dernier Cri betitelt
Karolin Braegger ihre Diplomkollektion, in der sie sich mit Fragen des Wertes und der Vergänglichkeit im
Zusammenhang mit „Original“ und „Fake“ in der Mode auseinandersetzt. Ausgehend von einer Recherche über die Geschichte des
Kopierens als kulturpolitische Praxis sowie der Verwendung von Referenzen, Nostalgie und Archiven in der Mode, entwickelte
Braegger eine Kollektion, die bekannte Silhouetten von Merchandising-Klamotten aufgreift und mithilfe von Textilmanipulationen
und Materialexperimenten aufwertet. Die Kollektion der Designerin und Künstlerin (Braegger schloss 2021 ihr Studium bei Heimo
Zobernig an der Akademie der bildenden Künste Wien ab) wird so zu einem vielschichtigen Kommentar zum Stellenwert der Originalität
in der Mode.
Erifyli Garoufalia nennt ihre Diplomkollektion Eros & Thanatos,
nach dem griechischen Begriffspaar, das Sigmund Freud zur Erforschung seiner Triebtheorie heranzog. Den Minimalismus der 90er
Jahre aufgreifende, feminine Silhouetten versinnbildlichen die Auseinandersetzung der Diplomandin mit der Vielschichtigkeit
von Liebe, Leidenschaft und Sexualität. Die Siebdrucke auf Latex stehen für das sinnliche Chaos des menschlichen Verlangens,
die Farbfacetten der fließenden Seidenstoffe spiegeln den weiblichen, weichen Aspekt romantischer Liebe wider.
come
down dawn nennt sich die Diplomkollektion von Julian Schock. Ausgehend von den Werken des Künstlerduos
Michael Elmgreen und Ingar Dragset hat sich der 26-jährige Diplomand mit Liminalität, Grenzbereichen und dem Zustand des Dazwischen-Seins
befasst. Seine Kollektion geht von seinen eigenen Erfahrungen queerer, männlich gelesener Subjektivität aus und kombiniert
komplexe Schnittkonstruktion aus der Herrenschneiderei mit Sportswear-Elementen.
Laura
Madge Hörmann wiederum erzählt in ihrer Diplomkollektion Nachtgeweihte – Tristan und Isolde die Geschichte
der großen Oper von Richard Wagner. Die Silhouetten sollen das Werk und die Musik visuell verkörpern, während Farben und Stoffe
die Geschichte von Tristan und Isoldes Sehnsucht und Streben nacheinander erzählen. Die Kollektion entfaltet sich in drei
Outfit-Paaren: skulpturale, spektakuläre Abendroben für Isolde treffen auf historisch inspirierte, romantische Ensembles für
Tristan.
Die unterschiedlichen Blautöne des Himmels und des Mittelmeers sowie die goldgelben
Facetten des Sonnenlichts kennzeichnen die verspielte Menswear-Kollektion Days of an Hour der Diplomandin Marily
Elmezoglou. Die gebürtige Griechin zitiert in ihrer Arbeit männliche Archetypen, die die Geschichte ihrer Heimat
prägten und erweckt Piraten, Kapitäne, Seemänner und Söldner auf dem Laufsteg zu neuem Leben. Bedruckte Baumwolle, Tweed und
Viskose-Seidenstrick kommen zum Einsatz, um entspanntes Volumen in tradierte Silhouetten zu bringen und um Outfits zu schaffen,
die auf subtile Weise mit Codes von Männlichkeit brechen.
Grace Wales Bonner verabschiedet
sich:
Die Show Modeklasse 23 markiert auch den Abschied von Grace Wales Bonner, die seit Herbst
2020 die Modeklasse leitete. In ihrer dreijährigen Professur ermutigte die britische Designerin Studierende dazu, ein breit
gefasstes, holistisches Verständnis von Modedesign zu entwickeln, und förderte eine tiefgehende, forschungsbasierte Auseinandersetzung
mit Mode. Dieses, den Anforderungen der zeitgenössischen Modeindustrie angepasste Profil, bereitet die Mode-Absolvent:innen
der Angewandten auf einen erfolgreichen Start in der internationalen Modewelt vor.
Ein Livestream
der Show via Instagram ermöglichte es auch nicht vor Ort anwesenden und insbesondere den international Interessierten der
Show Modeklasse 23 zu folgen.