Schlafende Hunde
Ausstellung mit Absolvent*innen der Abteilung Ortsbezogene
Kunst
Klima Biennale Wien 2024
Was, wenn die sprichwörtlichen Hunde streiken
würden, indem sie nicht mehr aus dem Schlaf erwachen? Die Arbeitskraft von nichtmenschlichen Tieren wird im gegenwärtigen
Biokapitalismus auf vielfältige Weise verwertet, zumeist ohne dass diese als Arbeit verstanden würde. Dies betrifft nicht
nur ihre tatsächliche produktive Kraft, sondern auch die reproduktiven Fähigkeiten von (weiblichen) Tieren: Tiere werden zu
Fleisch, Milch wird zu Nahrung. Nichtmenschliche Tiere tragen außerdem vielfach zur Gestaltung von Umwelt bei, ohne dass dies
als Arbeit wahrgenommen würde. Die durch Menschen errichtete kulturelle und materielle Logistik produziert und nutzt seit
Jahrhunderten nichtmenschliches Leben als eine Form von Kapital.
Die in dieser Ausstellung präsentierten
Arbeiten von Absolventinnen der Abteilung für Ortsbezogene Kunst (Universität für Angewandte Kunst) widmen sich dieser ungleichen
Arbeitsteilung zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren. Sie führen das Motiv des Schlafs als subversive Strategie
ein. Schlaf kann vielfältige Ausprägungen haben: Ruhepause, Winterschlaf, Brutphase. Die hier gezeigten Arbeiten stellen so
die Frage, inwieweit (menschliche und nichtmenschliche) Tiere sich durch bewusst gesetzte Pausen diesen Formen der Ausbeutung
widersetzen können. Sie thematisieren aber auch, dass es zu spät sein könnte, um die Hunde zu wecken: dass das menschliche
Vertrauen in die regenerativen Prozesse der Natur in keinem Verhältnis zu den Konsequenzen der systematischen Zerstörung steht.
Ivana Lazić: IMMANENCE: In Becoming
Durational performance, Audio, Karlsplatz-Lehm, Tierwolle,
2023, Courtesy: Ivana Lazić
Ivana Lazićs immersive Arbeit lädt die Besucher*innen dazu ein, sich im wörtlichen
Sinne als Teil der Installation zu „be-greifen“. Die Künstlerin bedeckt den Boden mit großen Decken, die aus Wolle des Pramenka
Schafs gefertigt sind. Sie vergleicht die Migrationsprozesse von menschlichen und nichtmenschlichen Tieren. Lazićs Arbeit
beschäftig sich mit Verwandlungen: die Lebenszeit des Schafes, die in das Wachsen der Wolle geflossen ist, verwandelt sich
in Wärme, die die Besucher*innen spüren, wenn sie sich in die Decken hüllen.
Ana Likar: Myriad Tentacles
Will be Needed (Again and Again)
Full HD-Video, Farbe, Stereo-Ton, 13 min, 2022, Courtesy: Ana Likar
Ana Likars Video nimmt das Shoppingcenter „City“, in Ljubljana zum Ausgangspunkt. Tier-Präparate, die der Sammlung des Slowenischen
Naturgeschichtemuseums angehören, werden hier aufbewahrt. In verlassenen Lagerräumen warten die Tiere darauf, dass sie an
einen anderen, besseren Ort transferiert werden. Ausgehend von dieser geheimnisvollen Stadt in der Stadt entwickelt Likar
eine ebenso scharfsinnige wie poetische Reflexion über die Durchdringung von architektonischen und nichtmenschlichen Körpern
mit kapitalistischen Logiken.
Raphael Reichl: Andar pisando en cascarones arenosos
(Auf sandigen Eierschalen laufen)
2-Kanal-Installation, 220 x 125 x 50 cm, 23 min
(Loop), Stereo-Ton, 2022, Österreich/Mexico, Courtesy: Raphael Reichl
Raphael Reichl portraitiert in seiner
Installation zwei gegenläufige Dynamiken in der mexikanischen Hafenregion „Puerto Escondido“. Im Zentrum stehen Verstecke,
Zufluchtsorte und Brutstätten, die durch den globalen Kapitalismus transformiert bzw. zerstört werden. Reichl zeigt Arbeitende,
die unter prekären Bedingungen Hideaways für Urlauber*innen bauen. Und parallel dazu eine junge Frau, die mit bloßen Händen
kleine Refugien für Schildkröten schafft: sie gräbt Sand-Nester, um die Schildkröten-Eier zu schützen.
Ursula
Gaisbauer in Zusammenarbeit mit Marie Janssen und
Anna Brock, David Fedders, Marie Filippovits, Lena
Heinschink, Laura Josic, Tutku Kocabas, Flores Paul, Yevhenia Pavlova, Michelle Schäfer,
Anastasiia
Verzun, Lin Wolf, Ida Zahradnik:
Erdzeitalter
Installation und Workshop, Keramiken, Ofen, Feuer, 2024
Die ortsbezogene Arbeit „Erdzeitalter“ bildet das Entstehen und Sterben der Arten in Form von Keramiken nach,
die in Zusammenarbeit mit Studierenden der Universität für Angewandte Kunst entstehen. In fünf offenen Workshops werden anschließend
die Keramiken in einem von der Künstlerin Marie Janssen speziell dafür angefertigten Ofen gebrannt. Die Arbeit entwickelt
sich über den gesamten Ausstellungszeitraum weiter. „Erdzeitalter“ stellt das Vertrauen in die regenerativen Kräfte der Natur
in Frage und setzt ihm künstlerisch-rituelle Handlungen entgegen. Dieses Projekt findet im Außen- und Innenraum statt.
WORKSHOPS
23.4.24/ 10.00-20.00 1. (Burning Erdzeitalter) - End of Ordovizium
07.5.24/
15.00-23.00 2. (Burning Erdzeitalter) - End of Devon
21.5.24/ 15.00-23.00 3. (Burning Erdzeitalter) - End of Perm
04.6.24/ 15.00-23.00 4. (Burning Erdzeitalter) - End of Trias
22.6.24/ 15.00-23.00 5. (Burning Erdzeitalter) - End
of Kreide
Alle Workshops sind öffentlich und finden hier am Festivalgelände im Außenbereich statt.
12.04.2024, 18:00 Kuratorinnenführung durch die Ausstellung "Schlafende Hunde" mit Marlies Pöschl
Künstler*innen: Ivana Lazić, Ana Likar, Raphael Reichl und
Ursula Gaisbauer in Zusammenarbeit mit
Marie Janssen und
Anna Brock, David Fedders, Marie Filippovits, Lena Heinschink, Laura Josic, Tutku Kocabas, Flores Paul,
Yevhenia Pavlova, Michelle Schäfer,
Anastasiia Verzun, Lin Wolf, Ida Zahradnik
Kuratorin:
Marlies Pöschl